31.7.2106, Seelbach, Konzert "Toscaninis"

In der Kirche auf Europareise

05.08.2016

VON WILLIBALD SCHENK

 

Auf musikalische Europareise begaben sich die Zuhörer des zweiten Konzerts im Villmarer Orgelsommer in Seelbach.

 

 

Der Kammerchor „Toscaninis“ meisterte die vorgetragenen Improvisationen bravourös.

 

Villmar-Seelbach. 

Die historische Voigt-Orgel in der evangelischen Kirche in Seelbach gehört zu den klanglichen Kostbarkeiten des Villmarer Orgelsommers. Die jährliche Veranstaltungsserie stößt inzwischen nicht nur bei den Orgelfreunden auf breite Zustimmung, sondern begeistert auch weitere Musikinteressenten. Das war schon an der gut gefüllten Kirche zu erkennen. Durch die erneute Begegnung mit dem Vocalensemble „Toscaninis“ hatte das zweite Konzert wieder einen besonderen Reiz.

Der Vorsitzende des Vereins „Orgelkultur Limburg-Weilburg“, Bernold Feuerstein (Villmar), hat hinsichtlich der Auswahl der Künstler ein besonderes Gespür für die Programmgestaltung. „Musikalische Europareise“ lautete das Thema, das einen weiten Bogen schlug. Interessant dabei war, dass Orgel und Chor sich gegenseitig in der Programmauswahl ergänzten. Lorenz Miehlich studierte Gesang an der Staatlichen Hochschule Heidelberg-Mannheim. Als Gesangpädagoge arbeitet Miehlich mit mehreren Ensembles der internationalen Musikszene zusammen. Gerade von einer Projektarbeit in Hübingen (Westerwald) zurückgekehrt, zeigte sich der kleine Chor in bester Verfassung. Diese unbekümmerte Frische und Energie bei lupenreiner Intonation ist ein Kennzeichen des Ensembles, das erneut aufhorchen ließ.

Von Palestrina (1525–1594) über zwei Uraufführungen von Bernhard Hemmerle bis hin zu dem Londoner Zeitgenossen John Tavener (1944–2013) waren viele Stilrichtungen vertreten, die Bezug auf das Thema Europa nahmen. Experimentell wurde es, wie Bernold Feuerstein es ausdrückte, als das Ensemble eine Chor-Improvisation vorstellte, für die meisten Chören Neuland. Es war ein eher ein lautmalerisches Unterfangen, das der Kammerchor mit großer Erfindungsgabe meisterte. Bravo!

Überzeugend waren zwei Uraufführungen des langjährigen Villmarer Kirchenmusikers Hemmerle: Ave Maria und Der Herr ist mein Hirte, letztere mit einer klangvollen Sopran-Solostimme von Franziska Boltenhagen. Der Komponist offenbarte großes kirchenmusikalisches Gespür und eine eher gemäßigt moderne Grundhaltung.

Der Leimener Organist Michael A. Müller steuerte weitere Eigenkompositionen zum Programm bei. Sein solistisches Spiel war von einer Prägnanz, das einmal mehr bestätigte, dass sich die Orgellandschaft in Deutschland auf gutem Boden bewegt. Dafür dankte Pfarrerin Barbara Häuser ausdrücklich.